pte20071128034 Umwelt/Energie, Tourismus/Reisen

Antarktis leidet unter zu vielen Besuchern

Schiffsuntergang entfacht erneut Diskussionen um Tourismus


Washington DC (pte034/28.11.2007/13:55) Glimpflich ist der Untergang des Kreuzfahrtschiffes "Explorer" in der Antarktis verlaufen. Experten warnen jedoch vor einer größeren Katastrophe in der ökologisch sensiblen Südpol-Region. Sie kritisieren den anhaltenden Boom der Antarktis-Kreuzfahrten, der in diesem Südsommer rund 30.000 Besucher anlocken wird, berichtet das Wissenschaftsmagazin National Geographic http://www.nationalgeographic.com .

Einige Experten sehen den Untergang des kleinen eistauglichen Kreuzfahrtschiffes mit der erfahrenen Crew als Zufall. Denn viele andere Schiffe wären weniger eistauglich und die Kapitäne haben wesentlich weniger Erfahrungen mit den heimtückischen Gewässern um die antarktische Landmasse. "Der Antarktis-Boom der vergangenen Jahre hat deutlich gemacht, dass ein Unfall nur noch eine Frage der Zeit ist", meint der Forscher und Autor Jon Bowermaster vom National Geographic Society Expedition Council. Waren es 1992 rund 6.000 Besucher, so werden in diesem Südsommer, der von November bis Feber dauert, rund 50 verschiedene Schiffe mit mehr als 30.000 Besuchern die Gewässer kreuzen. Mit der Crew macht das eine Gesamtbesucherzahl von mindestens 50.000.

Was Bowermaster an dem zunehmenden Kreuzfahrttourismus in den Gewässern fürchtet, ist die Unerfahrenheit der Kapitäne. "Typisch für diese Region sind schnell wechselnde Wetterbedingungen und andere unvorhersehbare Ereignisse", erklärt der Experte. Zudem wären viele der Schiffe wesentlich größer als die verunglückte "Explorer" und würden Eisschlägen nicht standhalten. Im Vorjahr kam die Golden Princess mit mehr als 2.400 Passagieren und 1.100 Besatzungsmitgliedern in die antarktischen Gewässer. Ein weiteres Problem sind die relativ großen Distanzen zwischen den Landmassen, die eine Rettung verkomplizieren.

"Die Folgen eines Unfalles in den eisigen Gewässern wären katastrophal", skizziert auch Jim Barnes, Direktor der Antarctic and Southern Ocean Coalition http://www.asoc.org - einer Vereinigung von Umweltgruppen. "Die Antarktis ist eine extrem sensible Region, in der Unfälle mit Öl jahrzehntelang Spuren hinterlassen", meint die Greenpeace-Meeresbiologin http://www.greenpeace.at Antje Helms gegenüber pressetext. Die meisten Ozeanriesen fahren heute mit schwerem Heizöl, lediglich kleinere Schiffe wie die Explorer oder die National Geographic Endeavour werden von weniger umweltschädlichem Dieselöl betrieben. "Beide Treibstoffe verursachen Umweltschäden, wenn sie ins Meer gelangen", meint Barnes. "Bei Unfällen in solchen extrem kalten Gewässern wird das Öl extrem langsam abgebaut", fügt Helms hinzu. Die ersten Opfer wären Seevögel und auch Pinguine. "Für viele der in der Region lebenden Spezies könnte das verheerende Auswirkungen haben."

Doch auch an Land stören die Touristenhorden das sensible ökologische Gleichgewicht und bereiten dort lebenden Tieren großen Stress. Im antarktischen Hochsommer kommen Touristenscharen tagtäglich zur selben Pinguinkolonie. "Wir fordern eine Beschränkung des Tourismus. Oder wollen wir ein Disneyland in der Antarktis", kritisiert Barnes. Die Coalition will, dass die 28 Mitgliedsstaaten des Antarktis-Vertrages, dem Gesetzeswerk des Kontinents, auch Kontrollen zur Beschränkung des Fremdenverkehrs erlassen. "Es gibt eine freiwillige Selbstbeschränkung der Tour-Veranstalter in der Antarktis. Diese wird aber wiederum nur von den Betreibern selbst kontrolliert", fügt Helms hinzu. "Der Mensch denkt, dass er mit seiner Technik das Meer untertan machen kann, aber gerade in diesen Gewässern wird klar, dass das nicht der Fall ist." Die Schiffe, die in der Südpol-Region fahren, müssen zumindest Eisklasse haben, fordern die Umweltschützer. "Die derzeit Richtung Süden fahrende japanische Walfangflotte ist übrigens auch nicht eistauglich", so Helms. Das habe das Unglück des Walfabrikschiffes im Vorjahr in der Ross-See gezeigt.

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