pte20071031018 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Agrotreibstoff-Diskussion: Frage nach Nachhaltigkeit bleibt offen

Experten kritisieren einseitige Argumentation der Gegner


Robert Vierhout, Generalsekretär eBIO (Foto: Fotodienst/Anna Rauchenberger)
Robert Vierhout, Generalsekretär eBIO (Foto: Fotodienst/Anna Rauchenberger)

Wien (pte018/31.10.2007/11:11) Der UN-Experte Jean Ziegler hat in einem Interview Biotreibstoffe als Verbrechen gegen die Humanität angegriffen. Diese Treibstoffe wären daran schuld, dass die Menschen auf der Erde verhungern - und schlimmer noch, dass die Preise für Grundnahrungsmittel gewaltig gestiegen sind. Agrotreibstoffexperten wie etwa Rob Vierhout der European Bioethanol Fuel Association eBIO http://www.ebio.org sieht in den Aussagen Zieglers zahlreiche Unstimmigkeiten. Hunger habe es bereits vor 30 Jahren gegeben. Damals sei von Biotreibstoffen aber noch keine Rede gewesen.

"Die FAO hat eigenen Berechnungen zufolge erklärt, dass die Menge an Nahrungsmitteln, die weltweit hergestellt werden zwölf Mrd. Menschen satt machen können", so Vierhout im pressetext-Interview. Das Problem einer Unterversorgung und damit des Hungers in zahlreichen Regionen der Erde sei lange bevor Biofuels überhaupt auf dem Markt erschienen sind, da gewesen. Ursachen für die Minderversorgung liegen in krassem Mismanagement, in Kriegen und Konflikten und an Interventionen - an denen auch die Weltbank Mitschuld trage. "Der Grund, warum Agro-Produkte so teuer geworden sind, liegt an den gestiegenen Energiekosten sowie den höheren Kosten für den Transport", meint Vierhout. Diese höheren Kosten wirken sich übrigens auch negativ auf die Herstellung von Biotreibstoffen aus.

Generell sei die Idee hinter den Treibstoffen aus dem Feld, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. "Gesetzt dem Fall, dass wir sofort mit dem Anbau von Biotreibstoff-Pflanzen aufhören würden, würde sich an der Preissituation und dem Hunger gar nichts ändern", zeigt sich Vierhout überzeugt. Was Vierhout an der Agrotreibstoff-Diskussion am meisten stört, ist die Tatsache, dass die Kriterien für Nachhaltigkeit nur bei Biofuels groß diskutiert würden. "Die wenigsten Kritiker haben je nach den Nachhaltigkeitskriterien bei der Öl- oder Gasförderung gefragt." Das gleiche gelte auch bei der Landwirtschaft.

Die Anklage, dass Biofuels für den Preisanstieg von Getreiden verantwortlich sind, könne man als unwahr zurückweisen. In der EU verbraucht die Bioethanol-Produktion rund 3,5 Mio. Tonnen der insgesamt produzierten 267 Mio. Tonnen. "Der größte Teil der Getreideproduktion wird für die Tierfütterung verbraucht", so der Experte. Zudem betont der Fachmann, dass bei der Verwendung der Getreide für die Bioethanol-Herstellung, der Eiweiß-Anteil nicht entzogen wird. Das bedeute, dass das Getreide als Futtermittel erhalten bleibe. Einen weiteren Grund der erhöhten Nachfrage sieht Vierhout in den veränderten Lebensgewohnheiten in Asien.

Häufig würden zudem auch verschiedene Fakten bei der Herstellung von Biotreibstoffen verwechselt. "Die riesigen Palmöl-Plantagen in Südostasien dienen der Herstellung von Lebensmitteln. Wir beschäftigen uns in erster Linie mit Bioethanol, der aus zucker- und stärkehaltigen Pflanzen hergestellt wird." Dass es in Brasilien zu einer Ausdehnung der Zuckerrohrplantagen gekommen sei, bestreitet der Forscher nicht. "Das stimmt, dass mehr Zuckerrohr angepflanzt wurde und Soja verdrängt hat. Für Soja wurden dann neue Flächen gerodet", so Vierhout. Für die Beimengung der 5,75 Prozent Biotreibstoffe - wie sie die EU in Europa forciert - gebe es in Europa genügend Fläche. Dazu müsse man nichts importieren. Überhaupt gebe es genügend Ressourcen, um sowohl Lebensmittel als auch Energiepflanzen herzustellen, so der Experte.

Eine große Zukunftschance sieht der Fachmann allerdings in der Nutzung von neuen Ressourcen - allen voran der Biomasse, die bisher nicht verwendet werden konnte. "Die Zellulose aus denen Pflanzen hauptsächlich bestehen, könnte mit Hilfe von Enzymen zur Treibstoffproduktion beitragen", so Vierhout. Dazu könnten Abfälle aus Land- und Forstwirtschaft, Stroh und Resthölzer verwendet werden.

(Pressefotos zur Veranstaltung Round-Table Bioethanol finden Sie unter http://www.fotodienst.at/browse.mc?album_id=1486 zum Download) (Ende)

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