pte20060706022 Technologie/Digitalisierung

Microsoft öffnet sich: Unterstützung für OpenDocument

FSFE noch skeptisch: "Erst genau schauen, was dahinter steckt"


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Redmond/Hamburg (pte022/06.07.2006/12:00) Der Softwareriese Microsoft http://www.microsoft.com nähert sich in Sachen OpenDocument-Format (ODF) seinen Kritikern an. Der Druck von Regierungsstellen hat offenbar gewirkt, denn Microsoft bringt heute, Donnerstag, ein Tool heraus, mit dem Anwender des Büropaketes Office auch ODF-Dateien lesen und schreiben können. Bislang hatte sich Microsoft geweigert, an der Entwicklung des freien Office-Dateiformates mitzuarbeiten. Als Begründung gab man an, man halte das Format für unzureichend. Die jetzige Entwicklung sei das Ergebnis des Feedbacks von Regierungen, erklärt Microsoft.

Auf SourceForge http://www.sourceforge.net wurde nun der "Open XML Translator" veröffentlicht. Entwickelt wird die Lösung vom Microsoft-Partner CleverAge, die deutsche Dialogika ist für Tests der Anforderungen europäischer Kunden zuständig. Ein erster Konverter für Word 2007 steht schon in einer Testversion bereit. Als kostenloses Add-on soll das ODF-Tool auch für ältere Office-Versionen zur Verfügung gestellt werden. Eine verbesserte Version des Konverters will der Redmonder Konzern Ende des Jahres zuerst für Word und dann Anfang 2007 auch für Excel und PowerPoint veröffentlichen.

"Das hätten wir nicht erwartet", so Joachim Jakobs, Sprecher der Free Software Foundation Europe (FSFE) http://www.fsfeurope.org , der sich auf pressetext-Anfrage überrascht, jedoch auch vorsichtig skeptisch zeigt: "Die Unterstützung für ODF ist sehr zu begrüßen, anscheinend hat der öffentliche Druck Wirkung gezeigt." Dennoch müsse man sich erst ansehen, was wirklich dahinter steckt. "Microsoft hat in der Vergangenheit schon einige Male gute Ansätze gebracht, bei genauerem Betrachten entpuppten sich diese jedoch oft als Mogelpackung", so Jakobs.

Trotz des Zugeständnisses an ODF gibt sich Microsoft mit seinem eigenen Open XML-Format (OXML) siegessicher. "Nutzer sollen zwischen beiden Formaten wählen können", meint Jean Paoli, Verantwortlicher für Interoperabilität und XML-Architektur bei Microsoft. "Dennoch sind wir überzeugt, dass OXML die Bedürfnisse von Kunden erfüllen wird. Gemeinsam mit Partnern werden wir das Format als weltweiten Standard etablieren", so Paoli.

Das ODF ist ein quelloffnerer Standard für die Speicherung von Bürodokumenten und wurde von der Standardisierungsorganisation OASIS http://www.oasis-open.org entwickelt. Er soll gewährleisten, dass langfristig mit Anwendungen verschiedener Hersteller auf die gespeicherten Daten zugegriffen werden kann. Im März wurde von starken ODF-Befürwortern eine Allianz http://www.odfalliance.org gegründet, die zum Ziel hat, "Verwaltungsbehörden in den USA und weltweit zum Einsatz von ODF-kompatiblen Programmen zu bewegen", so damals IBM Vice President Bob Sutor. Unter den Mitgliedern finden sich Größen wie IBM, Oracle, Sun oder Novell. Mittlerweile ist ODF auch ISO-zertifiziert.

Schlagzeilen machte der US-Bundesstaat Massachusetts und heizte damit die Formatdiskussion an. Öffentlichen Behörden wurde vorgeschrieben, ab 2007 alle Dokumente im ODF zu speichern. Auch in Europa haben sich mittlerweile Regierungen für ODF ausgesprochen. Die Argumente dafür lieferte Ken Wasch, Präsident der Software und Information Industry Association: "Es ist doch verrückt, wichtige Dokumente, vor allem Dokumente von öffentlichem Interesse, in einem Format zuspeichern, das in zehn Jahren vielleicht nicht einmal mehr unterstützt wird." Microsoft musste also handeln und ebenfalls OpenDocument unterstützen, um nicht wichtige Kunden der öffentlichen Hand zu verlieren.

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